Pfotenabdrücke, Bilder aus einer Fotofalle und Kotproben - die Experten sammelten viele Beweise, bevor sie sich endlich sicher waren: Der Wolf ist nun auch zurück in Schleswig-Holstein. "Das ist ein toller Tag", sagt Umweltminister Robert Habeck freudestrahlend im Wildpark Eekholt in Großenaspe (Kreis Segeberg), als er am Montag Details über die Entdeckung des Rüden bekannt gibt. Der Grünen-Politiker trägt einen roten Button mit der Aufschrift: "Rotkäppchen lügt". Damit will Habeck auch ängstlichen Schleswig-Holsteinern klarmachen: Niemand braucht sich vor dem Wolf zu fürchten.
Zuletzt war 2007 ein junger Wolf auf Wanderschaft in der Nähe von Süsel (Kreis Ostholstein) überfahren worden. Davor gab es nach Angaben der Behörde im nördlichsten Bundesland lange Zeit keine Wölfe, der letzte wurde 1820 erlegt. Die Rückkehr des Wolfes sei ein Symbol dafür, dass Arten in Schleswig-Holstein wieder eine Zukunft haben können, die hier schon ausgerottet waren, sagt Habeck.
Erst kürzlich waren beim Wolfsinformationszentrum im Wildpark Eekholt die ersten Hinweise auf einen Wolf im Kreis Segeberg eingegangen. Der genaue Ort, an dem der Wolf beobachtet wurde, wird nicht bekannt gegeben, um ihn nicht in Unruhe zu versetzen. Das Tier gehört laut Umweltministerium vermutlich zur deutsch-westpolnischen Population. Es sei davon auszugehen, dass das scheue, streng geschützte Tier als Einzelgänger über Mecklenburg-Vorpommern eingewandert sei.
"Die spannende Frage in Schleswig-Holstein ist nun: Ist es ein Wandertier oder hat es sich zum Bleiben entschieden?", sagt der Wolfsexperte des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Markus Bathen. Der Wolf war in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts so gut wie ausgerottet. Inzwischen gibt es wieder 15 Rudel, insgesamt sind es mehr als 100 Wölfe. Sie leben vor allem in den östlichen Bundesländern.
Auch wenn sich Wölfe vornehmlich von Wildtieren ernährten, müssten Halter von Schafen und Ziegen ihre Tiere angemessen schützen, sagt Habeck. Sollte ein Tier gerissen werden, gebe es Entschädigung. Der Landesverband Schleswig-Holsteinischer Schafzüchter betrachtet die Rückkehr des Wolfes mit Skepsis. "Wir freuen uns nicht, dass der Wolf wieder da ist", sagt Geschäftsführerin Janine Bruser. Noch seien nicht alle Einzelheiten zu möglichen Schadensfällen geklärt. Habeck betont dagegen: "Die Richtlinien sind umfassend."
Der Landesjagdverband heißt das Tier willkommen: "Wir freuen uns, dass wandernde Wildtierarten, die wir schon lange erwartet haben, wieder den Weg nach Schleswig-Holstein gefunden haben", sagt Präsident Klaus-Hinnerk Baasch.
Dieser Tag sei mit großer Weitsicht von der Vorgängerregierung vorbereitet worden, lobt der Umweltminister. Bereits 2010 wurde ein Wolfsmanagementplan erstellt, um gerüstet zu sein, wenn die Wölfe zurückkehren. Ein "Wolfsland" ist Schleswig-Holstein jedoch nach Angaben des Nabu-Experten Bathen noch nicht: "Sollte aber noch ein Weibchen dazukommen und es Welpen geben, dann kann man von einem ,Wolfsland' sprechen."
In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass auf dem Truppenübungsplatz Munster in der Lüneburger Heide erstmals seit 150 Jahren wilde Wolfswelpen geboren worden sind.