100 Jahre auf den Hund gekommen
Lehe. Wenn „Kairo“ zupackt, bricht Manfred Steinbach der Schweiß aus: 40 Kilo Deutscher Schäferhund fest im Ärmel verbissen lassen sich nicht mal eben so abschütteln. „Aus!“, brüllt Horst Künning von ferne. Das Hundegebiss gibt knurrend die Lederschutzhülle frei, Trainer Steinbach zieht den Arm heraus, und „Kairo“ wetzt zurück zu Herrchen. Künning grinst: „Einbrecher geschnappt – im Ernstfall.“ Von Susanne Schwan
Ein furchtloser, treuer und kluger Freund sei „Kairo von Süntelstein“, liebt der 76-Jährige an seinem viereinhalbjährigen Rüden. „Hier im Verein kriegt er eine sehr gute Schutzhund-Ausbildung.“ Eindringlinge aufzuspüren, zu bewachen, notfalls kontrolliert zuzubeißen.
Kontrolliert – das heißt: In den Ärmel, nicht in den Arm. Das üben an diesem Mittwoch auch „Kairos“ acht Artgenossen auf dem knapp 10 000 Quadratmeter großen Platz des Vereins für Deutsche Schäferhunde am Speckenbütteler Park.
Dafür hat sich Manfred Steinbach mit Schutzoverall und einem bissfest mit Leder und dickem Hanfgeflecht ummäntelten Trainingsärmel gerüstet. Seit 20 Jahren ist er Vorsitzender der Ortsgruppe, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert – und nur zwölf Jahre jünger ist als der „Ur-Verein“ in Karlsruhe von 1899. Immerhin gibt es die Hütehund-Züchtung „Deutscher Schäferhund“ erst seit 1898. Der Bremerhavener Verein hatte sich 1911 am Schafsdeich an der Geeste als eine von damals 80 Ortsgruppen gegründet. Heute gibt es 2100 örtliche Gruppen mit insgesamt 100 000 Mitgliedern.
35 sind es derzeit in Speckenbüttel. „Vor 15 Jahren waren wir noch um die 80.“ Trotz der Palette an Ausbildungs-Angeboten – wie Hundeführerschein, Begleit- und Schutzhundprüfung, Fährten- oder Rettungshund-Kurse – halte sich der Verein so eben mit Mitgliedsbeiträgen und Schau-Tagen über Wasser. „Von der Stadt“, betont Steinbach, „bekommen wir aber einen Zuschuss für die Zaun-Erneuerung und den Rasenmäher.“
Das kleine Vereinsheim – errichtet 1956 auf städtischem Grund am Siebenbergensweg – halten die Mitglieder selbst in Schuss. Im Oktober soll hier das Jubiläumsfest auch für überregionale Mitglieder ausgerichtet werden. „Wir planen auch wieder einen Tag der offenen Tür“, verspricht Steinbach. Aus der früheren Vereinsgeschichte hat Horst Riechers – seit rund 40 Jahren Mitglied – nicht viel aufspüren können, um eine Jubiläumschronik zu verfassen. „Keiner, auch nicht der Dachverband, kennt das Gründungsdatum. Fast alles Material ist in den Kriegen verloren gegangen“, bedauert er. Was er herausfand: Übungsareale waren seinerzeit an der Rennbahn, 1930 an der Rheinstraße, ab 1937 an der Friedhof- und Kaiserstraße. „Nach dem Krieg“, erzählt Riechers, „wurde der Schäferhundverein von den Amerikanern verboten“ – zu nah lag noch der Missbrauch der Hunde für die NS-Propaganda, angeführt von Hitlers Schäferhund „Blondi“.
Horst Künning brüllt über den Platz: „Reeee-vier!“ und „Kairo“ wetzt los, auf Trainer Steinbach zu, der ihn mit einem Gummiknüppel abwehrt. „Tut ihm nicht weh“, beteuert er, „der Stock ist weich. Aber ‚Kairo‘ darf sich im Ernstfall nicht abschrecken lassen. Man muss kontinuierlich mit den Hunden arbeiten. Der hier ist noch ein bisschen unsicher. Aber was die einmal drinnen haben, vergessen die nicht.“
Verein für Schäferhunde
Wer: Verein für Deutsche Schäferhunde (SV) Bremerhaven.
Wo: Siebenbergensweg 60.
Was: Hundeführerschein für alle Rassen (mittwochs ab 15 Uhr), Schutz- und Begleithund-Prüfungen, Fährtensuche.
Kontakt: 8 50 38.
